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Hyperkinetische Störungen oder Aufmerksamkeitsdefizitstörungen?
In Deutschland beginnt sich der Begriff Aufmerksamkeitsdefizitstörungen mit und ohne Hyperaktivität durchzusetzen. Gebräuchlich sind aber nach wie vor die Bezeichnungen hyperkinetisches Syndrom (HKS) oder hyperkinetische Störung. Den Hintergrund bilden zwei unterschiedliche Diagnoseschemata.
Eine hyperkinetische Störung erfordert nach dem Diagnoseschema ICD-10 (International Classification of Diseases) der Weltgesundheitsorganisation klinische Auffälligkeiten in den Kernbereichen: Hyperaktivität, Impulsivität, Aufmerksamkeitsstörung.
Allerdings besteht Uneinigkeit in Fachkreisen, ob es in allen drei Bereichen Beeinträchtigungen geben muss. So orientieren sich viele Fachärzte am zweiten Diagnoseschema, dem DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) der American Psychiatric Association, in welchem Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörungen in drei Subtypen untergliedert werden:
- Beim Mischtyp zeigen sich klinisch relevante Symptome in allen drei Bereichen: Es besteht eine Aufmerksamkeitsstörung gekoppelt mit Hyperaktivität und Impulsivität.
- Vorwiegend unaufmerksamer Typ: Vorherrschend ist die Aufmerksamkeitsstörung, aber es besteht keine klinisch relevante Impulsivität und Hyperaktivität.
- Vorwiegend impulsiver und hyperaktiver Typ: Vorherrschend sind Impulsivität und Hyperaktivität, aber es besteht keine klinisch relevante Aufmerksamkeitsstörung.
In jüngster Zeit verwenden Fachleute auch die Bezeichnung Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung, was vielleicht am deutlichsten die Probleme der meisten betroffenen Kinder zum Ausdruck bringt. Die Aufmerksamkeitsstörungen werden zunehmend in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Zwei Aspekte sind dafür hauptsächlich verantwortlich: Zum Einen ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass die Hyperaktivität zwar oft mit dem Ende der Kindheit verschwindet (früher dachte man, das Problem wächst sich aus), dass aber die Aufmerksamkeitsschwierigkeiten in vielen Fällen bleiben und nicht nur Kindern, sondern auch Jugendlichen und Erwachsenen dauerhaft das Leben schwer machen können. Zunehmend werden die hyperkinetischen Störungen bei (jungen) Erwachsenen erforscht.
Zum Zweiten sind lange Zeit die Lernschwierigkeiten von Kindern unbeachtet geblieben, die nicht durch Hyperaktivität auffallen, aber erhebliche Aufmerksamkeitsprobleme haben. Oft sind es intelligente Mädchen, die aber einen sehr verträumten, eher apathischen Eindruck machen. Ihnen gelingt es dank ihrer normalen bis erhöhten Intelligenz manchmal lange Zeit zu verdecken, dass sie erhebliche Konzentrationsschwierigkeiten mit allen Folgeproblemen haben.
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